Elmar L. Kuhn

Das Ende der Grafen von Montfort


Finanzen

Um die Verschuldung einordnen zu können, bedarf es eines Blicks auf Einkommen und Ausgaben der Grafen. Dazu stehen für 40 Jahre, also die Hälfte der Regierungsjahre zwischen 1700 und 1780 vergleichbare Jahresrechnungen der Herrschaft Tettnang und für 17 weitere teilweise verwertbare Daten zur Verfügung. Auf die methodischen Probleme der Auswertung kann ich hier nicht eingehen. Zu bedenken sind, dass

  • es sich ausschließlich um Geldrechnungen handelt, also Lieferungen von Naturalien zum Verbrauch am Hof, als Gehaltsbestandteile und zur Bezahlung von Fremdleistungen nicht berücksichtigt sind,

  • ein Großteil der aufgenommenen Kredite und wohl auch ein Teil der Schuldablösungen in den Rechnungen nicht auftauchen,

  • die Aufwendungen für die Lebenshaltung der gräflichen Familie und für Bauten sicher deutlich höher liegen als aus den Rechnungen zu ersehen.

Wenn ich von den Durchschnittswerten ausgehe, die sich für die 40 Jahre errechnen lassen41, dann ist festzustellen, dass Einnahmen und Ausgaben des ordentlichen Haushalts, also ohne Kapitalaufnahmen und –ablösungen sowie Zinszahlungen, sich mit ca. 23 000 Gulden in etwa die Waage halten, erst die Zinszahlungen in Höhe von ca. 5700 Gulden und damit immerhin ein Viertel der ordentlichen Ausgaben und erst recht die Ablösungszahlungen bringen den Haushalt der Herrschaft aus dem Gleichgewicht. Rechnet man die Einnahmen der Herrschaften Argen und Schomburg dazu in Höhe von netto etwa 10 000 Gulden., dann hätte man mit Mühe die Zinszahlungen aufbringen können, aber keinen Spielraum mehr für Schuldablösungen gehabt. In Wirklichkeit muss man davon ausgehen, dass zu den ca. 30-35 000 Gulden ordentlichen Einnahmen jährlich nochmals 20 000 Gulden Schuldaufnahmen dazu kamen. Zusätzlich zu den ca. 25 000 Gulden ordentlicher Ausgaben wurden jährlich ca. 10 000 Gulden Schulden beglichen und 5 700 Gulden Zinsen bezahlt, so dass für Hof und Bauwesen zusätzlich zu den ordentlich abgerechneten 12 000 Gulden mindestens nochmals dieselbe Summe aufgewendet wurden.

In den 1770er Jahren errechneten die Administrationen einen Bruttoertrag der Herrschaft Tettnang von über 30 000, der Herrschaft Argen von etwa 10 000 und der Herrschaft Schomburg von 2000 Gulden unter Einbezug aller Naturaleinkünfte. Nach Abzug aller unabdingbaren Kosten von etwa 10 000 Gulden hätten für die Hofhaltung etwa 10 000 und für den Schuldendienst etwa 20 000 Gulden zur Verfügung gestanden. Damit wäre man Mitte des Jahrhunderts noch einigermaßen über die Runden gekommen, aber zu diesem Zeitpunkt wären allein an Zinsen 32 000 Gulden jährlich angefallen und für Hofhaltung und Bauwesen reichten zu keinem Zeitpunkt 10 000 Gulden. Diese Berechnungen bestätigen nun erst recht die Thesen von Volker Press. Aber wie sieht es bei anderen Adelsfamilien aus?

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